ein gutes Alter für alle statt für wenige
In den letzten Jahrzehnten hat sich der Lebensverlauf der Menschen in westlichen Gesellschaften grundlegend erweitert: Kindheit, Jugend, Erwerbsleben, rüstiges Alter, hohes Alter. Dies ist vorerst eine positive Folge unserer Wohlstandsgesellschaft und nicht, wie die politische Rechte uns dauernd weiszumachen versucht, eine schwere Bürde die den Vertrag zwischen den Generationen gefährdet. Erfreulich ist, dass nicht nur die Lebenserwartung steigt, sondern auch die einschränkungsfreie Lebenserwartung zunimmt. Wahrscheinlich ist aber auch, dass die Phase der Gebrechlichkeit im hohen Alter zu einer längeren Betreuungsphase führt.
Die heutige Situation erfordert eine breite gesellschaftspolitische Auseinandersetzung über gute Betreuung und Pflege. Neben den rechtlich regulierten Leistungen muss die Diskussion Über ein Anrecht auf eine gute Betreuung im Alter in den Mittelpunkt der alterspolitischen Debatten rücken. Wie sind Betreuung und Pflege ausgestaltet? Wie wird der Zugang für alle und nicht nur für wenige gesichert? Was wird wie und von wem finanziert? Dies nur einige der drängenden Fragen, die sich stellen, in einem Umfeld, welches von den verschiedensten Vertretern sei es die Politik, Privat und Sozialversicherungen, oder Anbieter von Gesundheitsdienstleitungen, etc. beackert wird und die ihre Partikularinteressen vertreten. Oder wie Andreas Kley In einem Artikel in der NZZ vom 1 4 06.2018 ausführt. „Das schweizerische Gesundheitssystem ist geprägt durch eine Unterfinanzierung von Betreuung und Pflege. Stattdessen wird in Technik, IT und Medikamente investiert. Damit verletzt unser Land die Menschenrechte“. Alter ist nicht mit reiner Eigenverantwortung gleichzusetzen. Wer eine Rente bezieht, muss davon anständig leben können.
Seniorinnen und Senioren leisten auch nach Austritt aus dem aktiven Berufsleben unzählige Stunden unbezahlter Arbeit in der Betreuung und Pflege von Kindern und gebrechlichen Angehörigen. Laut Bundesamt für Statistik total 8,2 Milliarden Stunden, die bis heute in keiner volkswirtschaftlichen Berechnung Erwähnung finden
Steuersenkungen haben vielerorts zu Kürzungen geführt, vor allem in den Bereichen des Sozial- und Gesundheitswesens. So zum Beispiel bei der Aufhebung der Verbindlichkeit des SKOS-RichtIinien bei der Sozialhilfe, bei der aktuell in der Vernehmlassung stehenden Gesetzesänderung zu den Ergänzungsleistungen, oder bei der Revision der Mängel der Pflegefinanzierung. (Evaluationsbericht zur Pflegefinanzierung).
Der Ubertritt in den Ruhestand darf nicht zum Schritt in die Einsamkeit führen. Die Individualisierung der Gesellschaft verstärkt den Wunsch nach Autonomie und Unabhängigkeit. Das Bedürfnis, möglichst lange im vertrauten Umfeld zu leben, wird durch die verlängerte Lebensphase im Alter verstärkt. Mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in altersgemischten, genossenschaftlich organisierten Siedlungen, Stichwort Generationenwohnen, hindernisfreies Wohnen, muss dem Umstand Rechnung getragen werden
Technische Systeme, die den Alltag erleichtern und Notrufe auslösen, gewinnen an Bedeutung. Dank den neuen Medien ist der Zugang zu Bildung und Information umfassend und niederschwellig gewährleistet. Es gilt, sich den Umgang mit den neuen Techniken zu erarbeiten und sie zur persönlichen Unterstützung und Unabhängigkeit zu nutzen.
Ursula Blaser-Bysäth, Vorstand SP60+ZH